Das Testament des Ferkels

Marcus Grunzer Corocotta, das Ferkel, hat sein Testament gemacht. Da ich mit eigener Hand nicht schreiben kann, habe ich es zum Schreiben diktiert.
Der Koch Magirus sprach: „Komm her, du Hausumstülper, Erdaufwühler, Ausreißer-Schweinchen: Heute geht es dir ans Leben.“ Das Ferkel Corocotta sprach:
„Falls ich irgend etwas getan habe, falls ich etwas falsch gemacht habe, falls ich mit meinen Füßen irgendwelche Gefäße zerbrochen habe – ich bitte dich, Herr Koch, ich flehe um mein Leben. Gewähr mir die Bitte!“ Der Koch Magiers sprach: „Komm Küchenjunge, bring mir aus der Küche das Messer, auf daß ich dieses Ferkel abschlachte!“
Die Gehilfen packten das Ferkel. Um den 16. Des Monats vor der Lampenzeit wird es hingerichtet, gerade als eine Kohltschwemme herrschte, unter dem Konsulat des Herrn von Bratpfanne und von Pfeffer. Wie ist nun sah, daß das es ans Sterben ging, bedang sich sich das Ferkel eine Stunde Frist aus und bat den Koch,
sein Testament aufsetzen zu können. Es rief seine Eltern herbei, um Ihnen etwas von seinen Futterrationen zu hinterlassen. Es sagte: „Meinem Vater, Herrn Eberhard Speckig, gebe und vermache ich, daß ihm gegeben werden 30 Scheffel Eicheln; meiner Mutter Veturina, die alten Sau, gebe und vermache ich, dass ihr gegeben werden 40 Scheffel Winterweizen; meiner Schwester Quiekse, an deren Hochzeit ich nicht habe teilnehmen können, gebe und vermache ich, daß ihr gegeben werden 30 Scheffel Gerste.
Von meinem Körper werde ich geben und werde ich schenken: den Flickschustern meine Borsten; den Malern meine Kopf und Rückenborsten; den Leuten, den nicht hören, Meine Ohren; den Advokaten und Vielerednern und meine Zunge; den Wustmachern meine Innereien; den Hackfleischmachern meine Haxen; den Frauen meine Lendchen; den Bettnässerkindern meine Blase; den Mädchen meine Rute; den Schwulen mein Mäuschen; den Läufern und Jägern meine Knöcheln; den Straßenräubern meine Klauen. Dem abscheulichen Koch hinterlasse ich zum Erbe eine Suppenkelle und eine kleine Mörserkeule, Sachen, die ich einst eingebracht hatte; von Zedenick bis Köpenick – der Kerl knüpf um den Hals´nen Strick!“ Und ich wünsche mir ein Denkmal, auf dem in Großbuchstaben geschrieben steht:
MARCUS GRUNZE COROCOTTA DAS FERKEL LEBTE AN JAHREN 900 UND 90 UND 9 UND EIN HALBES
HÄTTE ES NOCH EIN HALBEL GELEBT HÄTTE ES DIE TAUSEND VOLL.
Meine sehr verehrten Liebhaber, meine Heger und Pfleger! Ich bitte euch: Verfahrt mit meiner sterblichen Hülle anständig!
Würzt sie gut mit guten Gewürzen wie Nüssen, Pfeffer und Honig, auf daß mein Name genannt werde in aller Ewigkeit.
Meine Herren, meine lieben Verwandten, die ihr der Abfassung meines Testamentes beiwohnt: Jetzt laß Unterzeichnen!“

         gez. Speckel          gez. Happen         gez. Krümlig         gez. Bratwurst          gez. Schwartner           gez. Hochhai          gez. Hochzeiter  

Der Text ist ein Testamentsparodie
eines unbekannten Autors um 100 u.Z.
Das Buch besteht aus 30 Holzstichen (9 – 6 cm ).
Gedruckt von den Originalstücken.
In einer Auflage von 200 Exemplaren.
Mit japanischer Heftung gebunden, in einem Schuber.
Kann noch für einen Preis von 220 € bestellet werden.

In diesen Blättern findet der Leser im Bilder und in Worten, Wie weit das Schwein dem Menschen voraus ist. Edleres altes ego lebt es, wie wir sterben sollten. Gleich uns zwar barmt es um sein Leben; sodann aber lernt es, das vom Menschen nichts Gutes kommt. Wo das Leben nichtzu retten, macht es sich selber im Tode reich und beschämt seine Verfolger. In ganzer Größe ersteht es aus seinen Teilen; Es schenkt sie großen Herzens den Lebenden, seinen kaltherzigen Schlächtern. Dem Auferstandenen nahe wächst es zur Unsterblichkeit, würdigen Sterbens in Würze und Wohlgeschmack, in Saft und Fülle, geadelt durch seine zarte Güte im Angesicht grausam bedürftiger Menschen.